Ein gut durchdachter schriftlicher Handelsvertretervertrag sollte stets das Fundament einer hoffentlich langjährigen vertraglichen Beziehung zwischen Handelsvertreter und Unternehmen (Geschäftsherr) bilden. Auch wenn mündliche Handelsvertreterverträge ebenfalls zulässig sind, rate ich aus Beweisgründen stets zu einem schriftlichen Vertrag. Um die Vielzahl der Regelungsmöglichkeiten eines Handelsvertretervertrages übersichtlich darzustellen, habe ich eine umfangreiche Checkliste mit unverbindlichen Vorschlägen für mögliche Regelungsinhalte zusammengestellt. Diese sollte sowohl Handelsvertretern als auch Geschäftsherren einen guten Überblick über den möglichen Aufbau und Inhalt eines Handelsvertretervertrages geben. Je nach Situation im Einzelfall können Bestimmungen entfallen bzw. noch hinzukommen. Die Checkliste erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit und ersetzt nicht die Beratung durch einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.
Bezeichnung des Vertrages
Die Vertragsbezeichnung ist zwar nicht für die Anwendbarkeit des Handelsvertretergesetzes ausschlaggebend, jedoch sollte zur Vermeidung von Unklarheiten der Vertrag stets als „Handelsvertretervertrag“ bezeichnet werden.
Bezeichnung der Vertragsparteien
(Firmen)Namen, Anschrift sowie Geburtsdatum bei natürlichen Personen
Beginn der Tätigkeit
Bei Fehlen eines Beginndatums tritt der Handelsvertretervertrag mit Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien in Kraft.
ACHTUNG: Wenn der Geschäftsherr für das vom Handelsvertretervertrag umfasste Vertragsgebiet einem anderen Handelsvertreter ein Alleinvertretungsrecht eingeräumt hat, darf der Vertragsbeginn des neuen Handelsvertretervertrages bei sonstiger Vertragsverletzung durch den Geschäftsherrn gegenüber dem anderen Handelsvertreter erst nach Beendigung des anderen Vertrages liegen.
Art der Handelsvertretung
- Vermittlungs- oder Abschlussvertreter
- Gebietsschutzklausel, Alleinvertretung
- Einfirmen- bzw. Mehrfirmenvertreter
- Einsatz von Subvertretern
Vertragsgebiet
- Räumlich und/oder kundenbezogen und/oder produktbezogen
TIPP: Dem Handelsvertretervertrag sollte jedenfalls eine Liste mit allen bei Vertragsbeginn im Vertragsgebiet bereits bestehenden Kunden mit ihren Nettoumsätzen in den letzten zwölf Monaten vor Vertragsbeginn beigefügt werden. Damit können Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Berechnung des Ausgleichsanspruches bei Beendigung des Vertragsverhältnisses vermieden werden. - Einseitiger Änderungsvorbehalt
ACHTUNG: Eine einseitige Verkleinerung des Vertragsgebietes/Kundenstockes durch den Geschäftsherrn ist nur dann möglich, wenn diese Änderung zwischen Handelsvertreter und Geschäftsherrn im Einzelnen ausgehandelt wurde. Aber auch trotz eines wirksam vereinbarten Änderungsvorbehaltes ist eine Änderung nur sehr eingeschränkt möglich und am Maßstab einer möglichen Sittenwidrigkeit zu messen. Verlangt werden sachlich gerechtfertigte Gründe und die angemessene Berücksichtigung auch der Interessen des Handelsvertreters. Bei Aufnahme einer derartigen Klausel sollten daher die sachlichen Kriterien für eine Änderung möglichst detailliert angeführt werden.
Zu beachten ist schließlich, dass dem Handelsvertreter für den entzogenen Bereich unter Umständen ein Ausgleichsanspruch zustehen kann.
Gegenstand der Vertretung
Bezeichnung der Vertragsprodukte
ACHTUNG: Bei Mehrfirmenvertretern können leicht Kollisionen auftreten, wenn der Geschäftsherr während des laufenden Vertragsverhältnisses die Produktpalette erweitert und der Handelsvertreter in diesem neuen Bereich bereits einem anderen Geschäftsherrn verpflichtet ist. Die Konsequenzen können bis zu einer vorzeitigen Auflösung des Handelsvertretervertrages durch den Geschäftsherrn reichen.
Pflichten des Handelsvertreters
- Verpflichtung zur Vermittlungs- bzw. Abschlusstätigkeit
- Mitteilungspflichten über die Vermittlung von Geschäften
- Sonstige Informationspflichten (z. B. Marktlage im Vertretungsgebiet, Veränderungen bei den Kunden, Verschlechterung der Kreditwürdigkeit von Kunden, Prüfung der Zahlungsfähigkeit von potenziellen Kunden)
- Unterstützung des Geschäftsherrn bei der Konzeption von Werbung im Vertragsgebiet
- Unterstützung des Geschäftsherrn bei der Produktentwicklung
- Befolgung von Weisungen des Geschäftsherrn (z.B. Preise, Liefer- und Zahlungskonditionen)
ACHTUNG: Weisungen dürfen nicht so weit gehen, dass dadurch die Selbständigkeit des Handelsvertreters berührt wird. - Verpflichtung zur Teilnahme an Schulungen
- Konkurrenzverbot
- Genehmigung von Werbemaßnahmen durch den Geschäftsherrn
- Eigengeschäfte des Handelsvertreters
Pflichten des Geschäftsherrn
- Unterstützung des Handelsvertreters
- Information über wesentliche Änderungen der Geschäftspolitik bezüglich Kunden im Vertragsgebiet
- Bekanntgabe von Preisänderungen
- Zur Verfügung Stellung von Unterlagen
- Erklärungspflicht, ob das vom Handelsvertreter vermittelte Geschäft angenommen oder abgelehnt wird
Provision
- Provisionspflichtige Geschäfte
- Höhe (Nettorechnungsbetrag; Abzug von Rabatten, Skonti, Kosten für Verpackung, Fracht, Versicherung, Abnahme, Zölle, usw.)
- Keine Provision für abgelehnte Geschäfte
- Nichtausführung der Geschäfte
- Eigengeschäfte
- Provisionsabrechnung
- Entstehung Provisionsanspruch
ACHTUNG: Der Provisionsanspruch entsteht spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde seinen Teil des Geschäftes ausgeführt hat oder ausgeführt haben müsste, hätte der Geschäftsherr seinen Teil des Geschäftes ausgeführt. Eine für den Handelsvertreter ungünstigere Vereinbarung ist unwirksam. - Fälligkeit
- Gliederung der Provision in Vermittlungs-, Abschluss- und Verwaltungsprovisionen
TIPP: Wenn der Handelsvertreter neben der Vermittlungstätigkeit auch Verwaltungstätigkeiten übernehmen soll, empfiehlt sich eine detaillierte Aufschlüsselung dieser Verwaltungstätigkeiten, da die Verwaltungsprovisionen nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Rohausgleiches (Ausgleichsanspruch) eingerechnet werden. - Einseitiger Änderungsvorbehalt hinsichtlich Provisionshöhe
ACHTUNG: Eine einseitige Änderung der vereinbarten Provision durch den Geschäftsherrn ist nur dann möglich, wenn diese Änderung zwischen Handelsvertreter und Geschäftsherrn im Einzelnen ausgehandelt wurde. Aber auch trotz eines wirksam vereinbarten Änderungsvorbehaltes ist eine Änderung nur sehr eingeschränkt möglich und am Maßstab einer möglichen Sittenwidrigkeit zu messen. Verlangt werden sachlich gerechtfertigte Gründe und die angemessene Berücksichtigung auch der Interessen des Handelsvertreters. Bei Aufnahme einer derartigen Klausel sollten daher die sachlichen Kriterien für eine Änderung möglichst detailliert angeführt werden. - Entfallen des Provisionsanspruches
- Aufteilung Provision bei Beteiligung mehrerer Handelsvertreter
Ausgleichsanspruch und Einstandszahlung
- Der Ausgleichsanspruch ist in der Regel zwingend und eine davon abweichende vertragliche Regelung daher unwirksam.
TIPP: Bei einer Tätigkeit des Handelsvertreters außerhalb des EWR kann der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters jedoch ausgeschlossen werden. - Einstandszahlungen sind unter gewissen Voraussetzungen zulässig.
Verhinderung des Handelsvertreters
- Mitteilungspflicht an Geschäftsherrn (Krankheit, Unfall, usw.)
- Vorgangsweise bei längerer Verhinderung (z. B. Recht des Geschäftsherrn zur Einsetzung eines Ersatzes oder Auflösung des Handelsvertretervertrages)
- Anzeige von Urlauben
Vertragsdauer und Kündigung
- Bestimmte oder unbestimmte Dauer
- Kündigungsfristen
- Vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund
- Freistellung des Handelsvertreters bei Kündigung
- Rückgabe von Unterlagen
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Geschäftsherrn
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Eine Vereinbarung, durch die der Handelsvertreter für die Zeit nach Ende des Vertragsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt werden soll, ist unwirksam.
ACHTUNG: Auch sogenannte Kundenschutzklauseln (Handelsvertreter verpflichtet sich vertraglich, kein Kunden des Geschäftsherrn abzuwerben) fallen in das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, können aber unter Umständen Unterlassungsansprüche nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nach sich ziehen.
In Deutschland hingegen kann ein derartiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Einhaltung gewisser Voraussetzungen für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren vereinbart werden (§ 90a dHGB).
Anwendbares Recht und Gerichtsstand
- Anwendbares Recht: Das Handelsvertreterrecht jedes einzelnen EU-Staates basiert auf einer einheitlichen Richtlinie des EU-Gesetzgebers. Da den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung teilweise ein großzügiger Spielraum eingeräumt wurde und die Mitgliedstaaten diesen Spielraum auch unterschiedlich genutzt haben, ist die Versuchung groß, nach Möglichkeit vertraglich das Recht eines Staates zu vereinbaren, dass für den eigenen Standpunkt günstigere Regelungen enthält (z.B. Ausgleichsanspruch, Wettbewerbsverbot, usw.). Eine derartige Vereinbarung der Anwendbarkeit eines ausländischen Rechts ist jedoch nur mit Einschränkungen zulässig.
ACHTUNG: Wenn der Handelsvertretervertrag keinen Auslandsbezug aufweist, gelten trotz Vereinbarung einer fremden Rechtsordnung weiterhin die zwingenden Bestimmungen des österreichischen Handelsvertretergesetzes. Bei Vorliegen eines Auslandssachverhaltes (beschränkt auf EWR) kann das Recht eines EU-Mitgliedstaates vereinbart werden. Aber nur wenn der Handelsvertreter außerhalb des EWR tätig ist, kann auch das Recht eines Drittstaates vereinbart werden, ohne dass die zwingenden Schutzbestimmungen der Handelsvertreterrichtlinie anzuwenden sind.
- Gerichtsstand: Bei der Anwendbarkeit von österreichischem Recht sollten auch österreichische Gerichte zuständig sein.
TIPP: Möglich ist auch die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes (sinnvoll vor allem bei grenzüberschreitenden Handelsvertreterverträgen außerhalb des EWR).