Haftet der Verkäufer für Aussagen des Maklers?
Im Regelfall wird ein Immobilienmakler vom Eigentümer beauftragt, dessen Liegenschaft zu verkaufen. Aufgrund der Vermittlungstätigkeit des Maklers kommt es zum Geschäftsabschluss mit einem vom Makler bezeichneten Kaufinteressenten. Im Zuge der Vertragsanbahnung erhält der potentielle Käufer vom Makler oft eine Vielzahl von Informationen über die Liegenschaft (diese sind oft für den Käufer wertbestimmend). Wenn sich nach Kauf herausstellt, dass die erteilten Informationen unrichtig waren, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, welche Ansprüche der Käufer einer Liegenschaft gegen den Verkäufer geltend machen kann, wenn der Makler falsche Aussagen tätigt, auf die der Käufer vertraut hat. Im Zuge dessen kommt es meist zu irrtums-, gewährleistungsrechtlichen und schadenersatzrechtlichen Ansprüchen.
Irrtum
Der Verkäufer muss eine Irrtumsanfechtung (§§ 871 ff ABGB) gegen sich gelten lassen, wenn der Immobilienmakler beim Käufer einen Irrtum verursacht, da dem Verkäufer die Irreführungshandlung des Maklers zuzurechnen ist. In der Praxis gilt: Sobald ein Immobilienmakler mit der Verhandlungsführung betraut wird haftet der Auftraggeber für irreführende Aussagen des Immobilienmaklers. Ob der Makler für den Auftraggeber rechtsgeschäftlich wirksame Erklärungen abgeben kann, ist im Gegensatz zur Geltendmachung von gewährleistungsrechtlichen Fragen nicht von Bedeutung.
TIPP: Um irrtumsrechtlichen Ansprüchen entgegen zu wirken, ist zumindest bei Geschäften außerhalb des Konsumentenschutzgesetzes ein grundsätzlicher Ausschluss der Irrtumsanfechtung möglich.
Gewährleistung
Gewährleistungsrechtliche Ansprüche können nur dann geltend gemacht werden, wenn das zugesagte Kaufobjekt nicht dem Vertrag entspricht. Sofern die Aussagen des Immobilienmaklers Vertragsinhalt werden, fallen diese unter die allgemeine Gewährleistung des Vertrages.
Der Liegenschaftseigentümer muss jedoch auch gewährleistungsrechtliche Ansprüche gegen sich gelten lassen, wenn der Immobilienmakler als sein Stellvertreter auftritt und damit für den Auftraggeber rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben kann. Ohne Vereinbarung mit dem Auftraggeber ist der Makler nicht zur Vertretung des Auftraggebers berechtigt. Ausreichend für die Annahme einer Vertretungsmacht ist bereits ein Verhalten des Eigentümers, welches geeignet ist, beim Käufer ein Vertrauen auf die Berechtigung der Vertretung herbeizuführen (Anscheinsvollmacht). Der Einsatz eines Immobilienmaklers ohne Hinzutreten von weiteren Merkmalen führt noch nicht dazu, dass ein ausreichender Anschein für eine Vertretung des Eigentümers durch den Makler besteht. Der Eigentümer hat daher darauf zu achten, welche Aufgaben er dem Makler überträgt und welchen Anschein er nach außen setzt.
Der Aufgabenbereich des Maklers sollte genau präzisiert werden, damit dieser beim Käufer nicht den Rechtsschein erweckt, er könne den Auftraggeber in allen Bereichen rechtswirksam vertreten. Falls der Aufgabenbereich nicht deutlich begrenzt wird, muss sich der Auftraggeber die Aussagen des Immobilienmaklers zurechnen lassen.
TIPP: Allfällige später auftretende Missverständnisse können vermieden werden, wenn ein allgemeiner Haftungsausschluss für Makleraussagen vereinbart wird.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Angaben über das Kaufobjekt weder vom Auftraggeber selbst noch vom Makler direkt gegenüber dem Kunden getätigt werden. Nur wenn es sich bei diesen Angaben um öffentliche Äußerungen handelt, werden diese Bestandteil des Kaufvertrages. Beispielsweise wurde nach ständiger Rechtsprechung ein vom Verkäufer geschaltetes Inserat als öffentliche Äußerung qualifiziert. Hingegen werden die im Exposé, welches dem potentiellen Käufer übergeben wird, enthaltenen Informationen nicht als öffentliche Äußerungen angesehen, da diese als persönlich mitgeteilt zu qualifizieren sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist der Immobilienmakler jedoch nicht vom Personenkreis, der öffentliche Äußerungen für den Auftraggeber tätigen kann, umfasst. Daher gilt, dass der Liegenschaftsverkäufer als Auftraggeber nicht dafür einzustehen hat, wenn der Immobilienmakler z.B. ein Inserat auf einer Online-Plattform veröffentlicht und dieses nicht den Tatsachen entspricht (vgl. OGH 1 Ob 152/18m).
Im Gegensatz dazu herrscht in Deutschland die ständige Rechtsprechung, dass auch die Angaben in einem Exposé als öffentliche Äußerungen zu betrachten sind.
TIPP: Die Gewährleistung sollte bei komplexeren Kaufobjekten nach Möglichkeit schon im Kaufanbot enthalten sein, um spätere Unstimmigkeiten von Anfang an möglichst zu vermeiden.
Schadenersatz
Der Immobilienmakler ist im Normalfall mit der Vermittlung eines Geschäftsabschlusses betraut und damit Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers. Der Makler als Gehilfe des Auftraggebers hat im Zuge der Vermittlungstätigkeit dieselbe Sorgfalt an den Tag zu legen, wie der Auftraggeber, wenn er selbst das Geschäft angebahnt hätte. Der Makler ist verpflichtet, sämtliche Informationen an den Auftraggeber weiterzuleiten. Über die Richtigkeit der erhaltenen Informationen muss sich der Immobilienmakler jedoch im Normalfall nicht vergewissern. Nicht von der Aufklärungspflicht des Maklers umfasst sind in vielen Fällen aber Umstände, die den Käufer vom Kauf der Liegenschaft abbringen könnten. Umstände, auf welche der Käufer vertraut, dass sie ihm mitgeteilt werden, dürfen jedoch nicht verschwiegen werden. So muss der Makler dem Käufer z.B. mitteilen, dass der angrenzende Park demnächst einem großen Bürokomplex weichen muss.
Wenn der Makler eine vorvertragliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Käufer verletzt, kann der Käufer direkt gegen den Auftraggeber des Maklers schadenersatzrechtlich vorgehen, da die Handlungen des Maklers – dieser ist Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers – dem Auftraggeber zugerechnet werden. Eine durch den Auftraggeber erteilte Vertretungsbefugnis ist nicht erforderlich. Der Auftraggeber haftet daher für das Verschulden des Immobilienmaklers wie für sein eigenes.
Der Käufer ist jedoch auf den Vertrauensschaden begrenzt, d.h. den Schaden, den der Käufer im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Kaufvertrages erlitten hat. Eine weitere Begrenzung liegt darin, dass der Auftraggeber nur dann für Verletzungen von Aufklärungspflichten durch den Makler haftet, wenn ihn selbst entsprechende Aufklärungspflichten gegenüber dem Käufer treffen.